Donnerstag, 9. Februar 2017

„Dumm wie ein Maler!“

Kürzlich besuchte ich einen lieben Freund, der lange Jahre in Belgien lebte und arbeitete. Gut gereifter französischer Rotwein lud unvermeidlich zum intensiven Gespräch über belgische Kunst. Klar. Im Mittelpunkt: René Magritte. Die Schirn widmet diesem großen Künstler unter dem Titel „Magritte. Verrat der Bilder“ ab dem 10. Februar bis zum 05. Juni 2017 eine konzentrierte Einzelausstellung. Dem Kurator, Didier Ottinger, muss man für die ausgesprochen einfühlsame Präsentation der Bilderrätsel dankbar sein.

René Magritte (1898 – 1967) war Kommunist. Zumindest ist er immer wieder in die kommunistische Partei Belgiens eingetreten, oft auch wieder ausgetreten. Ein Suchender. Mit hohem intellektuellen Anspruch. Natürlich ist er Surrealist. Jene Meister der Malerei des 20. Jahrhunderts malten Bilder, die an magische Formeln denken lassen. Uns bekannte Gegenstände verselbstständigen sich in den Gemälden und verbinden uns mit anderen, neuen Erlebnisräumen. Magritte war aber mehr. Er war ein malender Philosoph.

Ein französisches Sprichwort des 19. Jahrhunderts - „Dumm wie ein Maler“ - manifestierte die Überzeugung, dass die Poesie über der Malerei, Worte einen höheren Stellenwert als Bilder haben. Diese Hierarchie passte nicht in die Gedankenwelt von René Magritte. Michel Foucault formulierte es 1972 nahezu provokant:

Die Form steigt wieder auf in den Himmel, aus dem die Komplizenschaft der Buchstaben mit dem Raum sie zeitweilig herabgeholt hatte: frei von jeglicher diskursiven Fessel, kann sie zurückkehren zum Schweben in ihrem ursprünglichen Schweigen." 

Für Magritte war Malerei Philosophie. Seine Bildsprache hat die Objektivität eines Vokabulars. Alltägliche Gegenstände wie Pfeife, Apfel, Hut, Kerze, Vorhang und viele andere kommen in immer wieder neuen Arrangements, Kombinationen und Sinnzusammenhängen in seinen Bildern vor. Seine Wort-Bilder leben von Gegensatzpaaren, die unsere Wahrnehmung fundamental infrage stellen. Nahezu unerwartet konfrontiert er uns mit seinen Zweifeln an der bildhaften Realität. Spannend. Magritte stellt in seinen Kunstwerken die Frage nach dem Wesen der Wirklichkeit. Aktueller sind wenige Künstler.

In der Schirn Kunsthalle Frankfurt wird eine Version seines wohl berühmtesten Gemäldes aus seiner französischen Zeit gezeigt: La Trahison des images – Ceci n'est pas une pipe. Der Verrat der Bilder – Das ist keine Pfeife. René Magritte formulierte es selbst so:

„Ein Bild ist nicht zu verwechseln mit einer Sache, die man berühren kann. Können Sie meine Pfeife stopfen? Natürlich nicht! Sie ist nur eine Darstellung. Hätte ich auf mein Bild geschrieben, es ist eine Pfeife, so hätte ich gelogen. Das Abbild einer Marmeladenschnitte ist ganz gewiss nichts Essbares.“

Magritte führt uns nicht in eine Traumwelt, er will nicht einschläfern. René Magritte will uns im malerischen Nachdenken über Schönheit, Wirklichkeit und Kreativität aufwecken. Es ist dieses Denken in Bildern, welches unsere von uns wahrgenommene Wirklichkeit bildhaft verfremdet und damit hinterfragt.

Eine Ausstellung, die zu besuchen lohnt. Mehr Infos unter www.schirn.de


Bildnachweise:
1. 
Schirn_Presse_Magritte_La_lampe_philosophique_1936.jpg
René Magritte, La Lampe philosophique, 1936, Öl auf Leinwand, 46
x 55 cm, Privatsammlung © VG Bild-Kunst, Bonn 2016

2.
Schirn_Presse_Magritte_This_Is_Not_A_Pipe_1935.jpg
René Magritte, This is not a pipe, 1935, Öl auf Leinwand, 27 × 41
cm, Privatsammlung © VG Bild-Kunst, Bonn 2017
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