Wir
sind noch im Weihnachtsfestkreis (traditionell endet die
Weihnachtszeit am 02. Februar – Mariä Lichtmess) und zugleich im
Fastnachtsmodus, während wir schon vor der Fastenzeit überall
Osterhasen kaufen können. Ja, so ist das mit unserem
christlich-jüdischen Fundament im Abendland.
Fastnacht,
Fasching, Karneval – in vielen Regionen Deutschlands das
gesellschaftliche Highlight des Jahres. Nichts ist ernster als die
organisierte Fröhlichkeit. Jetzt noch einmal richtig feiern und der
Obrigkeit die Meinung sagen, bevor die Fastenzeit kommt. Wie treffend
in 2017! Wäre schön, wenn der Geist mehr als die Narrenkappe
glänzt.
Wie
komme ich nur jetzt auf Washington? Eine Nation begrüßt ihren
Präsidenten. Einen, der die Offenheit und Toleranz ebendieser
verachtet. Der Satz mit einem Metzger und Kälbern wäre jetzt
ziemlich billig. Da findet also morgen die Amtseinführung des 45.
Präsidenten statt. Inauguration genannt. Spannende Bezeichnung. Sie
hängt mit den römischen Auguren zusammen. Jenen Beamten, die aus
dem Flug der Vögel die Zukunft herauslesen konnten. So etwas braucht
ein Dealmaker.
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Die Freiheit leuchtet immer. |
Politiker
sind immer Dealmaker.
In
einer parlamentarischen Demokratie sind absolute Mehrheiten nicht die
Regel. Es braucht immer irgendwelche Partner. Und Koalitionen haben
Verträge – stimmst du mir zu, stimme ich deinem Projekt zu.
Koalitionsverträge sind klassische politische Deals. Wir
vermeintlich gebildeten Europäer, und wir Deutsche allzumal, nennen
diese nur anders. Da bekommen die Verträge wohlklingende,
zukunftsweisende Titel, so als ob alles gerade erst erfunden worden
sei. Zur Einhaltung dieser Verträge werden dann Koalitionsausschüsse
eingesetzt, hinter verschlossenen Türen Absprachen getroffen und
Abgeordnete zu nützlichen Abnickern.
Das
ist nicht der Zustand einer perfekten Demokratie, zunächst aber auch
nicht besonders tragisch, da – zumindest seit dem Ende des II.
Weltkriegs – in den meisten westlichen Demokratien ein gewisses
Fundament an Werteüberzeugungen quer durch alle Länder und
Regierungen gleich war und ist. Dabei steht die Freiheit und Würde
des einzelnen Menschen immer und überall im Mittelpunkt. Deshalb
gibt es unser Grundgesetz und gibt es ein unabhängiges
Verfassungsgericht, kann sich jede Bürgerin und jeder Bürger aktiv
auf jeder politischen Ebene selbst in das Geschehen einbringen.
Dieses grundsätzliche Einverständnis ist ein Eckpfeiler für 70
Jahre Frieden in Europa. Eine solche Friedensphase gab es noch nie in
unserer Geschichte. Was für ein Geschenk!
Freiheit
ist aber mehr als das heute übliche Schwelgen in Alltagsvergnügen.
Und, weil Freiheit eben Verpflichtung und Verantwortung darstellt,
ist eine Gesellschaft wie die unsere mit ihrer Bewahrung oft
überfordert.
Die
Demokratie schwankt.
Der
ideale Boden für Populisten. Wobei ich dem Begriff nicht gerecht
werde. Alle politisch aktiven Menschen leben von der Zuspitzung, der
Formulierung, die die Wähler hören wollen. Schließlich geht es
immer auch um Mehrheiten. Nein, es ist der Nährboden für klassische
Freiheitsfeinde, für von Verschwörungstheorien geprägte
Nationalisten und menschenverachtende Rhetorik. Kurt Tucholsky hat es
1930 als Ignaz Worbel in seinem 'Blick in ferne Zukunft' sehr
treffend beschrieben. Die Lektüre lohnt sich.
Ich
verstehe die Menschen, die Angst um ihre Zukunft haben. Viele
politische Entscheidungen sind nicht einfach nachzuvollziehen, manche
auch schlicht falsch. Ja. Da braucht es die Korrektur, die
Neujustierung. Aber, bitte Anstand, der Achtung des politisch
Andersdenkenden und immer auf dem Fundament unseres Grundgesetzes.
Politische
Auseinandersetzung braucht dabei den inhaltlichen Streit, sie braucht
Persönlichkeiten und eine Kommunikation, die aus mehr als
140 Twitter-Zeichen besteht. In diesem Zusammenhang ein Wort zur in
jüngster Zeit oft so genannten „Lügenpresse“. Die
Pressefreiheit ist unabdingbar notwendiger Bestandteil der
politischen Diskussion. Die Medien sind mehr als ein staatliches
Korrektiv, sie stehen für die Meinungsvielfalt einer lebendigen
Gesellschaft.
Unsere
Demokratie lebt vom Gleichgewicht der Kräfte. Treffender als Thomas
Mann es am 20. Februar 1934 schrieb, kann ich es nicht ausdrücken:
„Ich
bin ein Mensch des Gleichgewichts. Ich lehne mich instinktiv nach
links, wenn der Kahn rechts zu kentern droht - und umgekehrt.“