Freitag, 28. Juli 2017

Drei Weine für Trump, Erdogan und Putin

Sind wir noch im Sommerloch? Die Autobauer haben ein Kartell gebildet. Das ist ja mal eine ganz neue Erkenntnis und Geschichte. Früher, ja früher, da gab es wenigstens noch richtige Sommerloch-Themen. Mallorca als 12. oder 17. Bundesland, 5,00 Euro für den Sprit, Gammelfleisch – oh, Verzeihung, Gammelfleischskandale gab es eher immer im Winter, da wird ja auch nicht gegrillt. Aber, selbst die Straßenschlachten beim G20-Gipfel eignen sich scheinbar nicht für ein fortwährendes Thema im Sommer, von den Beschlüssen der 20 Mächtigen dieser Welt ganz zu schweigen.

Nähern wir uns doch einfach wieder unseren Lieblingsfeinden: Trump, Erdogan, Putin und Konsorten. Gerade an Trump und Erdogan arbeiten sich die Deutschen Medien ja regelrecht ab, beim SPIEGEL muss es ein eigenes 24-Stunden-Trump-Einsatzteam geben. Da fällt mir doch ein Zitat von Mark Twain aus seinem Buch 'Bummel durch Deutschland' ein: „Meiner Ansicht nach stiftet eine deutsche Zeitung keinen nennenswerten Nutzen, allerdings richtet sie auch keinen Schaden an. Das ist ein sehr großes Verdienst und sollte nicht als unbedeutend erachtet werden.“

Die drei Staaten- und vermeintlichen Weltenlenker trinken wahrscheinlich gar keinen Alkohol, machen schoppenfreie Politik. Dies wäre den Friedensnobelpreisträgern Churchill und Brandt nie passiert. Und unser erster Bundespräsident Theodor Heuss hätte solche Politdarsteller gar nicht erst empfangen. Bruno Kreisky hingegen hätte sie noch nicht einmal ignoriert. Wunschdenken im verregneten Sommerloch. Bestimmt. In der Politik darf der Gesprächsfaden nie abreißen. Wichtig!

Also, was machen wir mit den drei Kameraden? Ich empfehle ihnen einfach drei Weine. Natürlich beginne ich mit dem Präsidenten einer ehemaligen britischen Kolonie, Donald Trump. Er hat ja jetzt einen neuen Kommunikationsdirektor, Anthony Scaramucci. Jener hat erst kürzlich, damit er eine Regierungsaufgabe übernehmen kann, sein Unternehmen verkauft. An Chinesen. America first! Darauf muss man erst einmal kommen.

Empfehlen möchte ich den beiden für ein Briefing einen Rheingauer Wein. Der 3. Präsident und Autor der Unabhängigkeitserklärung, Thomas Jefferson, war ein bekennender Freund Rheingauer Weine. Wie Trump hatte auch Jefferson deutsche Wurzeln. Warum Jefferson am Mount Rushmore verewigt ist, darüber könnte der amtierende US-Präsident vielleicht einmal bei einem 2015er Hochheimer Königin Victoriaberg Riesling Trockenbeerenauslese VDP.Grosse Lage aus dem Weingut Flick in Wicker nachdenken. Fürwahr, ein Jahrhundert-Wein, mit großer Aromenvielfalt, edler Süße. zugleich doch noch irgendwie verschlossen, mit geradezu majestätischer Substanz. Ein Wein der noch in Jahrzehnten seine positive Wirkung nicht verfehlt. Der Weinberg ist eine Monopollage, benannt nach Queen Victoria, die hier mit ihrem Gatten 1845 weilte. Der deutsche Prinzgemahl Albert von Sachsen-Coburg und Gotha hatte nicht nur die Organisation der ersten Weltausstellung 1851 in London übernommen, er ist auch für seine Sorge um die Arbeiterschaft bekannt. Brandsichere Arbeiterwohnungen mit Wasserleitungen und Toiletten wurden auf seine Initiative hin errichtet – der geneigte Leser schmunzelt, damals geradezu eine soziale Revolution.

Kommen wir zu meinem speziellen Freund, Recep Tayyip Erdoğan. Ihm empfehle ich einen Wein aus dem Weingut Bibo-Runge:
2015er Rheingau Riesling Revoluzzer trocken
Der Wein, in Ruhe im Halbstück gereift, präsentiert sich mit intensiven Aromen, frisch und zugleich mit einem wunderbaren Säurespiel, voller Kraft und doch dezent. Langlebig! Das noch junge Weingut sitzt in Hallgarten. Hier lebte und wirkte Adam von Itzstein (1775 – 1855), der „Vertreter der Volksrechte“. In Mainz studierte er zusammen mit seinem späteren Gegner Klemens Wenzel von Metternich. Itzstein kämpfte für Bürgerrechte und Demokratie. Engagiert beim Hambacher Fest, mutig in Baden, lenkend in der Nationalversammlung und immer ausgleichend, bezeichnet ihn Metternich als ersten „eigentlich praktischen Radikalen.“ 1838 formuliert Adam von Itzstein einen noch heute gültigen Satz zur Pressefreiheit: „Ohne Preßfreiheit giebt es gar keinen wahren Staat, sondern bloß einen großen Volkskerker, den einzelne Bevorrechtigte nach Belieben öffnen und schließen können.“
 
Wie komme ich jetzt auf Wladimir Wladimirowitsch Putin? Dem russischen Fürsten würde ich einen 2012er JUWEL Spätburgunder QbA trocken aus der Krone in Assmannshausen einschenken. Gewachsen auf Burgunderreben in den Lagen Höllenberg und Frankenthal. Beeindruckend und voller Eleganz, samtig und seidig, man riecht und schmeckt Waldfrüchte, Nüsse, Kakao, Nougat, Schokolade und Bourbon Vanille. Ein echtes Kraftpaket. Das Hotel Krone in Assmannshausen ist eine traditionsreiche Adresse. Seit 1541. Kaiser, Könige und große Staatsmänner kehrten hier ein. Lange weilte auch der Freiheitsdichter Hermann Ferdinand Freiligrath (1810 – 1876) im Haus. Ein Zimmer erinnert noch heute an ihn. In seinem Gedicht „Trotz alledem!“ heißt es:

Die Waffen, die der Sieg uns gab,
Der Sieg des Rechts trotz alledem,
Die nimmt man sacht uns wieder ab.“

Und an anderer Stelle:

Wir wissen doch: die Menschlichkeit
Behält den Sieg trotz alledem!“

Ich gebe es zu, mit den genannten Potentaten unserer Zeit möchte ich gar keinen Wein trinken. Sie haben keine Ahnung von Klasse und Stil.