Früher war alles
besser (Selbst die Zukunft, wie Karl Valentin sagt). Klar. Kam die
Erbtante zu Besuch, wurde zum Essen eine Spätlese
ausgeschenkt(später, an jedem Jahrestag ihres Dahinscheidens, eine
Auslese, auch ohne Essen). Man hatte den Winzer seines Vertrauens,
die Weinqualität klar strukturiert – Wein, das seit Jahrtausenden
notwendige Alltagsgetränk, war irgendwie zu einem Statussymbol
geworden. Heute? Es klingt nach einer billigen Phrase, wenn ich von
der multimedialen, globalisierten Welt schreibe.Winzer müssen immer
wieder ihr Produkt Wein neu definieren und vermarkten; sich neu
erfinden, ohne ihre Authentizität zu verlieren. Wein ist eben ein
Handelsgut.
Der Absatzdruck ist
riesig, die Konkurrenz international. Auf der ganzen Welt gibt es
viele gute Winzer und Winzerinnen. Die Zahlen der ProWein belegen
dies eindrucksvoll. 65oo Aussteller (nicht nur Winzer) aus mehr als
60 Ländern. Ich durfte einmal mehr die Bekanntschaft mit spannenden
Winzern und erstklassigen Weinen machen. Immer wieder habe ich in den
letzten Tagen vom Volksfestcharakter der Messe gelesen. Diesen
Eindruck kann ich nicht teilen. Ja, die Weinwelt ist im Umbruch.
Überall ist dies greif- und spürbar. Wobei ich durchaus zugebe,
gelegentlich begegnet einem dabei ein Aktionismus, der das zentrale
Produkt Wein recht unsanft in den Hintergrund treten lässt.
Stark: Die Präsentation der Rioja-Weine |
Andererseits ist die
Präsentation manches regionalen und nationalen Verbandes immer noch
so bieder, nahezu behäbig, dass man fast die Klasse der Weine und
die Innovationskraft der Weingüter übersehen könnte. Dabei gibt es
auch Winzer, die sich in ihrer Standnische am liebsten noch
verstecken würden, statt ihren Weinen ihr Gesicht zu geben. Und
andere, deren Weinqualität deutlich von ihrer Arroganz übertroffen
wird, die sich wiederum ausschließlich aus eigener
Selbstüberschätzung nährt. Auch das ist die ProWein. Aber, die
Ausnahme.
Hohe Qualitäten,
ein vernünftiger Preis-Mix, ansprechende Flaschen-Designs. Echte
Hingucker. Wahrhaft gute Weine. Gerade bei vielen kleineren
Weingütern ist neben Können ungeheuer viel Mut zur Veränderung
sichtbar. Das ist mein Fazit des Messebesuchs. Dazwischen immer
wieder das Schwanken einzelner Winzer zwischen
Spätlese-Glückseligkeit und
Wein-Event-Kultur.
Keine
Angst haben viele Winzer vor der Entwicklung im Discounter-Segment.
Im Gegenteil. Eine Chance
zur Kundenakquise. Und auch Hoffnung. Der Einstieg der Kunden im
Einzelhandel kann zu mehr Interesse an der Welt des Weines führen.
Und damit auch zu einem Zuwachs bei den kleineren Gütern. Das
Interesse am Wein steigt. Weinveranstaltungen jeglicher Art boomen.
Das nimmt Verbrauchern auch
die Angst. Man muss kein Weinkenner sein. Für jeden gibt es ein
Angebot. Am Ende des Tages gilt: Wein schmeckt oder er schmeckt
nicht.